Wahlrecht für Minderjährige?

„In Großbritannien haben vor allem die Lebensälteren für den Brexit gestimmt. Wie sehr prägen sie bei der kommenden Europawahl die Überlebenschancen der europäischen Einigung? Wenn es richtig ist, dass es besonders bei dieser Europawahl um wichtige Weichenstellungen für unsere Zukunft geht, wäre es dann nicht vernünftig, auch Jugendliche ab 16 Jahren wählen zu lassen?“, fragt Europa-Union Generalsekretär Christian Moos. „Wir setzen uns als europäische Föderalisten für mehr Demokratie in Europa ein. Wir führen diese Debatte auch in unserem Verband.“

Im Januar hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen, dass es verfassungswidrig ist, die Menschen, die in allen Angelegenheiten einen rechtlichen Betreuer haben, vom Wahlrecht auszuschließen. Heute entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob diesen Menschen auch schon für die Europawahlen am 26. Mai das Wahlrecht zu geben ist.

Die Forderung nach Absenkung des Wahlalters gewinnt immer mehr Anhänger. Eine Vielzahl von Fridays for Future-Ortsgruppen plädieren dafür, der Deutsche Familienverband, die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen, der Verein Mehr Demokratie und auch Bundes- und Landtagsabgeordnete europafreundlicher Parteien. Der Wahlrechtsexperte Hermann Heußner, Juraprofessor in Osnabrück, unterstützt das Anliegen einer Absenkung der Altersgrenze für das Wahlrecht bei allen Wahlen. Heußner ist Vorsitzender des Kreisverbandes Kassel der überparteilichen Europa-Union Deutschland. Er setzt sich sogar für ein Wahlrecht ab Geburt ein. Solange die Kinder noch nicht die hinreichende Einsichts- und Urteilsfähigkeit haben, soll es von den Eltern stellvertretend wahrgenommen werden.

Moos und Heußner plädieren für eine breite gesellschaftliche Debatte über das Wahlrecht für Minderjährige. Sollte das Bundesverfassungsgericht heute beschließen, dass auch alle Menschen mit Vollbetreuung bereits an den Europawahlen am 26. Mai teilnehmen dürfen, könne man das Wahlrecht zumindest den 17-Jährigen und wahrscheinlich auch 16-Jährigen für die Europawahl ebenfalls nicht verweigern. „Denn wenn alle volljährigen Menschen, die nicht einsichts- und urteilsfähig sind, wählen dürfen, müssen erst Recht alle Menschen das Wahlrecht haben, welche einsichts- und urteilsfähig sind.“